Topographische Situation und Gebäudebestand
Die Nördliche Wallhalbinsel hatte sich in einem Zeitraum von über 300 Jahren von einer barocken Befestigungsanlage mit ca. 20 Meter hohen Bastionen zu einem intensiv genutzten Hafenstandort entwickelt. Der Ausbau nach den visionären Plänen Peter Rehders machte ihn zu Beginn des 20. Jhs. zum modernsten Seehafen Europas. Das Areal wird seitdem von einer lang gestreckten Landzunge bestimmt, die von den Hafenbecken des Wall- und des Hansahafens begrenzt wird.
Die gebogene Zungenform der Halbinsel hat sich aus der schrittweisen Umwandlung der barocken Befestigungsstruktur und mehreren Travekorrektionen ergeben, die für den Verkehr mit immer größeren Seeschiffen erforderlich waren. Die Kaianlagen bilden mit ihrer gleichmäßigen Höhenbegrenzung von etwa 2,2 m über NN eine signifikante Raumkante im Stadtgefüge. Diese charakteristische Struktur schiebt sich mit ihrer Nordspitze weit in den Traveraum hinein und bildet in Verbindung mit dem am nördlichen Ende installierten Bockdrehkran von 1893 den stadträumlich wichtigen Eingangsbereich zum alten Stadthafen. Die Kaianlagen, die verbliebenen Gleisstränge der Hafenbahn, die Hafenkrane und die erhaltene Bebauung aus den Kaispeichern aus der Jahrhundertwende zeugen von Lübecks früher industrieller Entwicklung und stellen als Ensemble ein europaweit in dieser Vollständigkeit nicht mehr anzutreffendes Industriedenkmal dar.
Die Bebauung der Nördlichen Wallhalbinsel beginnt südlich mit dem stadtseitig gelegenen Drehbrückenhaus, der ehemals hydraulischen Kraftzentrale, in der mit Dampfdruck sowohl die Drehbrücke als auch der Bockdrehkran an der Nordspitze bewegt wurden. Entlang des hier beginnenden Behnkais liegt eine Freifläche, die einst mit dem Schuppen E überbaut war.
Auf diese Baugrundstücke folgt der älteste und größte Kaispeicher der Nördlichen Wallhalbinsel, der früher „Lagerhaus der Kaufmannschaft“ oder kurz „Kaufmannsspeicher“ genannt wurde. Er wurde in den Jahren 2000 bis 2002 saniert, um ergänzende Aufbauten im Bereich der kriegszerstörten südlichen Hälfte erweitert und unter dem neuen Namen media docks als gewerbliches Schul-, Veranstaltungs- und Bürogebäude mit ergänzendem Gastronomiebetrieb einer neuen Nutzung zugeführt. Auf die media docks folgt eine kleinere Freifläche, welche eine Blickachse zwischen der Kaikantenbebauung auf der Nordwestseite und der Altstadt eröffnet. Auf diese Freifläche folgt Schuppen F, der mit einer Bauzeit von 1939 bis 1946 jüngste Kaispeicher des Lübecker Stadthafens.
Am zum Wallhafen hin gelegenen Kulenkampkai befinden sich die einst konstruktiv baugleichen Schuppen A bis D, von denen der Schuppen A etwa um die Hälfte länger ist als die jeweiligen Schuppen B, C und D. Alle Schuppen wie auch der Kaufmannsspeicher besitzen wasser- wie landseitig etwa einen Meter hohe Laderampen. Die Rampen zur Landseite sind in der Regel durch einen weiten Dachüberstand vor Wettereinflüssen geschützt.
Schuppen B und C und ebenso C und D sind durch jüngere Hallen aus Stahltragwerk und Profilblechbekleidung miteinander verbunden. Diese Zwischenbauten tragen die Bezeichnungen BC und CD.
An der Nordspitze befindet sich eine Freifläche, die als Schiffsbauplatz für die Kraweel Lisa von Lübeck diente und heute überwiegend von dem florierenden Gastronomie- und Freizeitbetrieb Strandsalon genutzt wird.
Zwischen den beiden Gebäudeketten entlang der Kaimauern befindet sich eine großflächige innere Erschließungsachse, die vollständig mit historischem Großsteinpflaster belegt ist. In dieses Pflaster eingelassen existieren bis heute die Gleisstränge der alten Hafenbahn, die am Nördlichen Ende in einer Drehscheibe enden, um den Wechsel der Waggons von den wasserseitigen zu den landseitigen Gleisen zu ermöglichen.
Am Eingang zur Nördlichen Wallhalbinsel befindet sich ein Pförtnerhaus mit einer davor im Boden eingelassenen Fuhrwerkswaage aus dem Jahre 1963. Entlang der Kaimauern liegen stellenweise die Gleise für die ehemals neun bzw. zehn Laufkrane. Stadtseitig sind drei dieser Laufkrane als Industriedenkmal erhalten geblieben.